Buch schreiben: Spannendes aus der Schreibwerkstatt

Buch schreiben , 15.03.2024

Buch schreiben
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Impressionen aus einem Opernhaus.

Wagner.
Götterdämmerung.
Premiere.
Ausverkauft.
Gedränge in den Fluren. Tischbestellung für die Pausen nicht mehr möglich. Plätze bereits online vergeben.
Bekannte Gesichter aus Politik und Wirtschaft. Der Gong ertönt. Parkett, Ränge und Logen voll besetzt. Unspektakulärer Applaus nach dem ersten Vorhang.
Gedränge beim Verlassen der Stammplätze, Schlange stehen an den Gourmet-Imbissstellen für ein Glas Wein, ein Glas Sekt und eine Butterbrezel. Glück hat, wer mit seinem vollen Glas ein Plätzchen im Foyer mit guter Aussicht findet. Dann hat er es geschafft.
Auf dem blauen Teppich wird flaniert.
Ein geschorener Nerz auf roten Stöckelschuhen rauscht hoheitsvoll vorbei. Im Schlepptau, einen halben Meter hinter ihm, staksen arthritische Beine in einem schwarzen Anzug und Fliege hinterher. Eine prall gefüllte Jeans in Stiefeletten und Rolli schlendert gemeinsam mit einer schlanken Manchesterhose, deren Saum in Doc. Martens steckt. Ein roter Lockenschopf, verhakt in den Ärmel eines Galaanzuges stolziert gemächlich und um sich schauend vorbei. Zwei schnittige Abendanzüge mit schwungvoll um den Hals geworfenen Seidenschals flattern wie aufgeregte Libellen vorbei.
Der liebe Gott hat einen großen Zoo.
Nach dem 2.ten Akt wiederholt sich das Ritual: ein Glas Wein, ein Sitzplatz im Foyer.
Für manche Besucher „dämmert wohl schon der Götter Ende herauf“. Durch die Schwingtüren mit innenliegenden Fenstersprossen sieht man in dem Vorraum zu den Außentüren einige Operngäste in salopper Kleidung, ihre Hausmarke Sekt ausschenken und eingewickelte Brote verteilen. Möglicherweise Engländer, die ohne Picknick nicht zurechtkommen. Ihre Plätze bleiben dann im dritten Akt auch unbesetzt.
Die Nornen spinnen die Schicksalsfäden und zeigen sich besorgt über den bevorstehenden Untergang der Götter. Der tragende Klang der Hörner erklingt für den Trauermarsch. Dann das Geräusch einer Pikkoloflöte? Kann nicht sein.
Es ist nur die Hörbatterie des Nachbarn, die dem Ende entgegen dämmert.

Susanne Philippi


Lebenslaute

Vier Wochen Kartons gepackt.
Einhundert allein mit meinen Büchern.
Hosen, Röcke, Mäntel - aussortiert für die Kleidersammlung.
Von Gläsern, Besteck, Töpfen getrennt.
Die Praxis geschlossen. Umzug quer durch die Stadt. Altweibersommer.
Vor den wandfüllenden dreiteiligen Fenstern mit Tür zur Terrasse ein erster Sonnenstrahl, der sich in der Glasfront der Nachbarn im Haus gegenüber spiegelt. Alles ist neu. Ich spüre meine Erschöpfung. Wenigstens haben alle Pflanzen ihren Platz gefunden. Grüntöne - matt, limette, smaragd, minze; beruhigend und friedlich. Es zieht mich hinaus.
Stille. Scheinbar absolute Stille. Mitten in der lebendigen Südvorstadt.
Der moschusähnliche Duft des roséfarbenen Oleanders so vertraut. Ein leichter Windhauch bewegt die Blätter meiner Pflanzen: Jasmin und Feige; spürbar auch auf meinem Gesicht, an Nase und Stirn. Ich werde müde. Der Liegestuhl, bereits ausgeklappt, lädt ein.
Im Nachbarhaus wird es lebendig. Eine Blockflöte. Das Instrument meiner Kindheit erkenne ich sofort und lausche der Melodie. Da übt wohl jemand immer wieder neu den richtigen Rhythmus eines Liedes, das mir nicht unbekannt scheint. Die Vogelhochzeit.
Die Bilder meiner Kindheit steigen auf. Am Küchentisch sitzend als Achtjährige während meine Mutter das Mittagessen kocht, Kartoffeln mit Möhrchen und Beefsteak. Immer lecker. Ich verspiele mich zum zweiten Mal. Mutter schickt mich ins Wohnzimmer. Sie hält meine Unmusikalität nicht aus, meint sie. Wie dein Vater. Soll er sich’s anhören.
Eine kleine Blaumeise hüpft auf dem Blech der Terrassenwand vor mir aufgeregt hin und her.
Wärme auf meiner Haut. Die Sonne hat mich erreicht.

Evelyn-Christina Becker




Landeerlaubnis

Herbstblatt sucht einen
Landeplatz in Übersee.
Heimweh war gestern.

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Überwintern

Graues Winterkalt.
Das Herz wärmt sich die Flügel.
Frühling wächst in mir.

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Mutters Streicheln

Auf der Ofenbank.
Mutter spielt Mundharmonika.
Volkstümliche Lieder aus dem Entlebuch.
Auf der Ofenbank.
Da weiten karstige Berge die enge Stube.
Mutters Melodien streicheln die Hügel des Napfs.
Auf der Ofenbank.
Mutter spielt Mundharmonika.

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Verflochtene Liebe

Zopf.
Zwei Stränge.
Verflochten im Damals.
Lange im Herzen bewahrt.
Erinnerung.

Gedichte von Margrith Peralta


So von Baum zu Baum und Busch zu Busch

«Also verstehen tue ich das nicht, das geht mit nicht in die Krone», bäumt der Baum seiner Nebenbaumin zu. Vielleicht sind mit dafür gerade die Äste zu frostig oder der Stamm zu kalt. «Hat denn dieser einfältige Busch nicht verstanden seine Blätter abzuwerfen? – Sind Büsche dazu nicht schlau genug oder nicht in der Lage? – Was meinst du?» - Seine Nebenbaumin überastet und bewurzelt diese Frage und auch ihr fällt das Überbäumen und sich Einbuschen bei dieser Kälte schwer.

«Wir hören euch!» büschelt einer der Büsche nebenan ein wenig erbauscht. «Wir entblättern uns halt einfach nicht so gerne, das ist nicht unsere Art. Wir bäumen uns auch nicht besonders gerne auf, wie ihr sehen könnt. Lieber büscheln wir uns zusammen und blättern uns voll, zum Schutz, zur Sicherheit und zur Abgrenzung vor neugierigen Blicken.»

«Oh, Aha», blättert und stammelt der Baum.

«Übrigens lassen wir uns auch nicht so leicht entwurzeln. Unsere Abstammung ist uns weniger wichtig. Wir mögen es zu knospen, erblühen und verduften macht uns Spass. Es kribbelt so schön und wir schütteln uns dabei vor Lachen, ausserdem gibt es wunderbar warm».

«Hallo – da hätten wir aber auch noch etwas einzuzwitschern», melden sich ein paar Spatzen. «Aufplustern ist bei dieser Kälte lebensnotwendig und das geht fast nur auf einem entblätterten Ast. Aber in den Büschen wird gespatzt, gezwitschert und kräftig geschimpft. Das geht nun wieder auf euch Bäumen nicht, verständlich, oder? Man wäre ja total ausgestellt. Buschen und spatzen im Busch, erbäumen und plustern auf dem Baum. So machen wir das. Lustig finden wir übrigens auch das Straucheln im Strauch hier nebenan».

«Straucheln, ich hör ja wohl nicht richtig!» Was fällt euch eigentlich ein zu uns zum Straucheln zu kommen!» Empörte sich ein Strauch in der Nähe….

… und wenn sie sich nicht entbäumt, verspatzt, ausgebuscht und entblättert, oder sich alle zusammen verstrauchtelt haben, dann zwitschert, ästet und blättert es noch heute.

Brigitte Ulrich



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