Schluss mit dem Knauserherz

Maya Onken, 25.03.2019

Maya Onken

Ein kühner Wurf, eine schnelle Entscheidung, ein Ja zu sich ist meist damit verbunden, dass wir das Gefühl haben, das Geld zum Fenster hinauszuwerfen. Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass wir das miese Gefühl, verschwenderisch zu sein, nur haben, wenn es um uns selbst geht.

So ist es doch klar, dass wir das neue Fahrrad für den Sohn und den Computer mit dem schnellen Prozessor für die Tochter als gerechtfertigte Anschaffung erachten. Er soll sich sportlich ertüchtigen und sie soll ihre Online-Malkünste auf einem Qualitätsgerät austoben. Auch den sündhaft teuren Blumenstrauss im Fachgeschäft für die Schwiegermutter buchen wir als Investition für eine langanhaltende Beziehung ab. Wenn die Freundin Geburtstag hat, dann laden wir Sie selbstverständlich zum Essen ein und nachher noch ins Kino. Und das Buch, welches Sie zwischen Hauptmahlzeit und Dessert aus der Geschenkverpackung schält ist selbstredend in Leder gebunden und keine billige Taschenbuchausgabe. Hier zuckt das Knauserherz nicht ein einziges Mal. Wir haben für alle diese Käufe gute, rechtschaffene Gründe. Denn wir investieren in Beziehungen und Menschen.

Aber wenn es um uns selbst geht, da gelten andere Regeln. Wenn wir uns in ein silbergraues Seidenpyjama verliebt haben, welches den Körper nachts in einer kühlenden Umarmung umschlingt, dann fühlen wir uns - kaum gekauft - schlecht. Schuldgefühle kommen auf. Hätte es nicht auch eines aus dem Kaufhaus getan? Natürlich 100% Baumwolle. Waschmaschinenfest. Ist denn Luxus für sich selbst gerechtfertigt?

Lagerfeld sieht das richtig. JA! Das Geld rauswerfen, damit es zur Türe wieder hereinkommt, heisst nichts anderes, als investieren. Die meisten sind damit einverstanden, dass wir in ANDERE investieren. In die Schwiegermutter-Beziehung, in die Eltern-Kind-Beziehung, in die Freundesbeziehung, in Geschäftsbeziehungen. Die Wirtschaft hat schon lange erkannt, dass wir nur weiterkommen, wenn wir wagen zu investieren. Henry Ford hat das schön formuliert «Wer aufhört zu werben, um Geld zu sparen, kann ebenso seine Uhr anhalten, um Zeit zu sparen." Wer also vorwärts machen will, der muss das Geld nehmen und es zum Fenster rauswerfen. Bis hierhin sind wohl die meisten einverstanden und nicken innerlich.

Aber ich finde es ebenso goldrichtig, das Geld auch für sich selbst zum Fenster rauszuwerfen und nicht nur immer für andere. Wo wollen wir denn investieren, wenn nicht in uns selbst?! Und damit meine ich nicht nur Kleider, Parfüm und Kosmetik. Nein, ich meine das Vierstern-all-inklusive Hotel, um sich so richtig und rundum verwöhnen zu lassen. Die 90-minütige Vierhand-Massage anstelle der 10 Minuten Fussreflexzone- Massage von der Kollegin. Oder sich auch eine Reinigungskraft zu leisten, damit man selbst entspannen kann. Sich das Essen liefern lassen, damit man nach einem anstrengenden Tag schneller zur Ruhe kommt und danach nicht die Küche noch aufräumen muss. Sich die Shoppingkosten online leisten, anstatt persönlich am Samstag in das grosse Einkaufszentrum zu fahren und Stunden im Neonlicht im Strudel kauflustiger Mengen das gesuchte Etwas zu ergattern. Für diesen Luxus dann lieber im Sonnenschein spazieren und einen Tagebucheintrag machen.

Es geht also darum, sich genauso zu wertschätzen wie alle anderen auch. Denn wer sich in die volle Kraft und in die innere Gelassenheit bringt, wer in seine persönlichen Energietanks investiert, fährt länger und erfolgreicher auf der Lebensstrasse.

Dieses Geld ist gut in uns investiert. Denn es kommt zurück! Durch viele Türen!

2Kommentare

  • Meyer Renate
    27.03.2019 12:45 Uhr

    Liebe Maya Onken, schöner Artikel - ich denke, das große Ziel dieser Investitionen in andere ist dabei zu sein, "Freunde" zu gewinnen. Dann, wenn man sie hat, muss man sie pflegen, dass sie einen nicht vergessen - was aus meiner Erfahrung selten klappt. Ich habe immer das Gefühl, dass nur ich mich melde!!!
    Deshalb halte ich es wie Sie für äußerst notwendig, in sich selbst zu investieren. Wobei ich dabei nicht an Güter oder Wellness denke, sondern hauptsächlich und grundsätzlich an Freiheit, selbst bestimmtes Leben - und das auch gegenüber anderen zu verteitigen. Aufarbeitung evtl. Defizite, die sich im Lauf des Lebens angesammelt haben - sie erkennen und durch Wohlfühlverhalten ändern!
    Sollte man hierfür Hilfe benötigen - Angebote gibt es zuhauf!
    Ihre R. Meyer
    Ich habe Sie in einem Kurs kennengelernt und einfach großartig gefunden!

  • Käthy Gut
    27.03.2019 17:37 Uhr

    Liebe Alle

    Schluss mit dem Knauserherz, so der Titel für die Kolumne von Maya, oder das Geld zum Fenster hinauswerfen, damit es zur Hintertüre wieder hereinkommt. Wie der Karl Lagerfeld gesagt haben soll. Der hatte wohl auch genug davon :-)

    Ich bin gleicher Meinung, aber womit und wieso geknausert wird, hat eine ganz simple Erklärung. Es will das Richtige getan werden und was ist das Richtige?

    Das Hirngespinst der Schuldgefühle aufdecken und Freude geniessen lernen. In die Innere Kraft kommen. Ausgeglichenheit finden um sie immer wieder herzustellen.
    Scham und Groll ablegen. All das könnte zumindest eine hohe Lebensqualität ergeben.

    Je nachdem wie das einfache Selbst oder auch Ego gestrickt ist, findet es jeweils ein Hintertürchen sich das gute Gefühl nehmen zu lassen.

    Leider nichts da mit es kommt Erfolg oder Geld einfach so zur Hintertür hereinspaziert. Dafür musst du schon einiges tun! Von nichts kommt nichts!

    Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich es noch so sehr mit haben oder sein füllen. Danach kommt die Leere, die Enttäuschung oder wenn du Glück hast, das Erwachen.

    Dieses Gefühl einfach wegzustossen oder es tunlichst zu vermeiden ist wie versuchen abzunehmen. Zuerst ein wenig Erfolg, der danach, um so erbarmungsloser, wieder ins Gegenteil schlägt.

    Was im Leid oder Mangel begonnen hat, lässt sich mit einer liebevollen und grosszügigen Achtsamkeit wahrnehmen und halten lernen.

    Ob es dann notwendig ist sich das Neue Dingsbums zu kaufen, sich etwas zu gönnen, weil man gönnt sich ja sonst nichts, ist nun eine Wahl. Und wenn es eine Wahl sein darf fühlt es sich selbstbestimmt an. Das ist angenehm!

    Manchmal bezahlt man einen hohen Preis um etwas zu lernen. Viele tausend Franken kann es kosten und manchmal tut es unglaublich weh bis das was schmerzt geht.
    Ja es wird an einem Glauben festgehalten, dass nur so wie die gewohnten Denkvorgänge des Gehirns in der Lage sind es sich vorzustellen, werden kann.

    Wenn das lange auf sich warten lässt, erlaubt sich der Verstand eine Ersatzhandlung und hört ganz bestimmt nicht auf`s Herz. Dann kaufen wir, wollen wir und versuchen etwas zu sein, was wir nicht sind und was auch nicht auf sicher zu haben ist.

    Damit gilt es doch in erster Linie liebevoll und grosszügig umzugehen. Nicht es sich nicht wert zu sein, sondern erkennen was gerade dazu führt es nicht wert zu sein.

    Indem ich dieses Gefühl des nicht Wert seins zulasse, geschieht oft ein Wunder.

    Grosszügigkeit ist ein wundervoller Wesenszug und wenn die Bereitschaft es nur für sich zu tun nicht da ist, ist das auch nicht schlimm, sondern lediglich ein Hinweis darauf was womöglich „das Herz“ sich wünscht.

    Einen lieben Gruss von Käthy Gut

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