Julia: Du bist seit einigen Jahren mit grossem Engagement als Spielgruppenleiterin tätig und setzt Dich als Präsidentin der Spielgruppen Fach- und Kontaktstelle Winterthur und Umgebung für die Qualität in den Spielgruppen ein. Dabei ist eine fundierte Aus- und Weiterbildung inkl. Supervision der Spielgruppenleiterinnen Dir sehr wichtig. Als Kursleiterin hast Du bereits erste Erfahrungspraxis erlernt. . Trotzdem hast Du den Lehrgang SVEB I absolviert – mit Erfolg! – weshalb war diese Ausbildung für Dich wichtig?
Daniela: Ich habe mich bewusst für den Lehrgang SVEB I entschieden, da mir das didaktische Rüstzeug für eine optimale Kursleitung fehlte. Meines Erachtens gehört für die Ausübung eines Berufes eine entsprechende Ausbildung mit Vertiefung an Fachwissen dazu. Dank dieser Ausbildung zur Kursleiterin durfte ich viel Fachwissen erlernen. Nun weiss ich was es heisst, einen Kurs optimal aufzubauen und der Gruppendynamik besondere Achtung zu schenken. Die einzelnen Teilnehmertypen kann ich besser einschätzen und wahrnehmen. Die verschiedenen Techniken an Evaluationsmodellen sind mir bekannt und ich weiss, wie ich sie nach einem Kurs gezielt einsetzen kann. Nun habe ich die Navigation erhalten, wie ich mich didaktisch verbessern kann, rhetorisch sicherer auftreten darf und welche Präsentationstechniken optimal eingesetzt werden können.
Da Du ja bereits in der Kursleitung einen Erfahrungsschatz mitgebracht hast, war es für Dich nicht etwas langweilig, weil Du ja alles bereits aus der Praxis kanntest?
Es wäre vermessen zu sagen, dass ich alles bereits aus der Praxis kenne. Ich durfte einiges an Erfahrungswissen aneignen dank «learning by doing». Nun habe ich ein sehr wertvolles Fundament erhalten, was mir bisher fehlte. Diese Ausbildung war für mich zu keinem Zeitpunkt langweilig, denn ich lernte immer wieder neue Begriffe oder neue Ansätze, die ich bisher so nie angewandt habe. Des Weiteren schadet eine doppelte Anhäufung an Wissen nie. Lernen ist Erinnern! Dank Wiederholungen kann ich mein Wissen vertiefen und erneut in Erinnerung rufen.
Gab es in diesem Lehrgang eine Erfahrung, die Dich besonders beeindruckt hat?
Dieser Lehrgang war für mich eine besondere Reise, da ich zwei Richtungen vermittelt bekommen habe.
Die Vertiefung des eigenen Wesens war während der ganzen Ausbildung ein wichtiger Teil und bringt mich in der Kursleitung weiter und meinem Ziel näher.
In Deiner Arbeit steht das Kindswohl stets im Mittelpunkt. Du leistest Weiterbildungskurse für ausgebildete Spielgruppenleiterinnen und bist leidenschaftlich dabei, die Bedeutung der Beziehung zum Kind zu vermitteln? Was treibt Dich an, dass Du Dich mit viel Herzblut dafür engagierst?
Das afrikanische Sprichwort sagt: «um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.» Wenn nun die Spielgruppenleiterin für eine bestimmte Zeit pro Woche einen Teil von diesem Dorf sein darf, dann erhält das Kind wichtige Werte und Normen, um seine Resilienz zu stärken und viele Lebenskompetenzen spielerisch zu erlernen. Was kleine Kinder brauchen ist eine positive emotionale Zuwendung, die nötige Aufmerksamkeit, eine entsprechende Kommunikation für die Sprachentwicklung, die Möglichkeit viel selbst zu tun sowie zu erfahren und Unterstützung erhalten, wenn es nötig ist. Dank der Selbsterfahrung erlernt das Kind immer mehr Lebenskompetenzen. Eltern, Bezugspersonen oder andere Akteure im Frühbereich sollten sich der Vorbildfunktion bewusst sein.
Was sind die wichtigsten Parameter in der Beziehung zum Kind, damit sich das Kind frei von Ängsten und seinen Anlagen gemäss entwickeln kann?
Vieles davon habe ich oben bereits erwähnt. Ein Kind baucht eine stabile und sichere Bindung. Um die Lebenskompetenzen zu erlernen, braucht es Liebe, emotionale Zuwendung und Zeit. Ein Kind, das sich der Sache vollkommen hingibt, lebt im Hier und Jetzt und hat kaum ein Zeitgefühl. Der typische Erwachsene hetzt von einer Tätigkeit zur anderen. Oft geht ihm die Zeit zu schnell und fühlt sich von der Zeit gedrängt. Wir sollten viel mehr den Zeitpunkt, das Hier und Jetzt, wieder in unser Leben lassen und diesen Moment wertvoll mit dem Kind spielerisch in der Natur oder auch Zuhause verbringen. Die Zeit ist ein wichtiger Faktor und eine wertvolle Investition in die Zukunft der Entwicklung eines Kindes.
Wie bist Du auf die Idee gekommen, Dich auch professionell damit auseinanderzusetzen?
Mein Beruf bringt es mit sich. Dank den vielen Weiterbildungen, Vorträgen und Bücher im pädagogischen Bereich setze ich mich automatisch mit diesen wichtigen Themen auseinander. Das Kindswohl ist für mich eine Herzensangelegenheit.
Du bist auch Mutter und also Familienfrau. Wie gelingt es Dir Berufsarbeit und Familie unter einen Hut zu bringen?
Ich hatte das Glück, als unsere Tochter noch klein war, dass meine Mutter und Schwiegereltern im Turnus die Aufsicht für 2 Tage pro Woche übernommen haben. Es war für uns alle eine Win-Win-Situation. Ich durfte meinem damaligen Beruf nachgehen, mein Wissen weiterhin umsetzen und unsere Tochter konnte eine wunderbare Bindung zu den Grosseltern aufbauen. Sie durfte andere wertschöpfende Impulse mit den Grosseltern erleben, was ihr neue Lebenserfahrungen für ihre Entwicklung ermöglicht hat. Durch meine berufliche Tätigkeit hat unsere Tochter schon sehr früh im Rahmen ihres Alters ihre Selbständigkeit Stück für Stück erlernen und ausbauen dürfen. Den bisherigen Beruf hängte ich zu einem bestimmten Zeitpunkt an den Nagel und widmete mich der Herzensangelegenheit – dem Kinde zu. Durch Aus- und Weiterbildungen durfte ich in einem wunderbaren Job Fuss fassen und konnte die Arbeit und Familie gut in Einklang bringen. Als unsere Tochter in den Kindergarten kam, waren meine Arbeitszeiten so gesetzt, dass ich mittags zu Hause sein konnte. Die Ferien als Spielgruppenleiterin sind mit den Schulferien der Gemeinde identisch und so war die schulfreie Zeit auch optimal abgedeckt.
Dank einer offenen Kommunikation konnten wir die Bedürfnisse der Grosseltern, unsere eigenen als Eltern und diejenigen der Tochter ermöglichen. Es braucht bei diesem Modell viel Einfühlungsvermögen, kommunikative Stärke und das Verständnis, dass jeder seinen Raum zur Selbstverwirklichung hat.
Was möchtest Du über Dich noch sagen?
Lernen ist für mich weit mehr als Fachwissen aneignen. Es ist der Weg viel über mich selbst zu erfahren und mich, meine Haltung und meine Arbeit zu reflektieren. Ich möchte nun in den nächsten Jahren die weiteren Module zum eidgenössischen Fachausbildner abschliessen. Mit den Menschen zusammenarbeiten, ob Kind oder Erwachsene, ist für mich ein wunderbares Geschenk. Die Gabe andere zu verstehen und die Feinfühligkeit für den anderen zu entwickeln, ist ein wesentlicher Aspekt in der Kommunikation. Ich freue mich auf eine weitere Weiterbildung am Frauenseminar Bodensee im Bereich der psychologischen Gesprächsführung und Kommunikation. Die Sprache ist ein mächtiges Werkzeug und das Beherrschen der Rhetorik verleiht Charisma. Gerade im Umgang mit Wörtern sollte die Sensibilität der Wortwahl sowie der Tonfall mit Sorgfalt gewählt werden. Dies zeugt von emotionaler Intelligenz, Mitgefühl und hoher Sozialkompetenz.
Meine Reise geht mit einem wunderbaren Rucksack an Fachwissen und weiteren Lebenserfahrungen neue Wege. Darauf freue ich mich sehr!